2 Nationalparks,
240 km, 7.200 hm.

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Die Trans Nationalpark Tour

Auf einsamen Forststraßen durch wilde Wälder, bizarren Fels und zu atemberaubenden Ausblicken. Die rasante Mehrtagesroute erschließt mit 240 Kilometern und 7.200 Höhenmetern gleich zwei Nationalparks: den Nationalpark Kalkalpen und den Nationalpark Gesäuse.

Wo das Gebiet des Nationalpark Kalkalpen beginnt, ist sofort ersichtlich: Kaum haben wir die Grenze der 209 km² großen Schutzzone überfahren, liegen Baumstämme kreuz und quer. Nicht auf den schmucken, breiten Forststraßen, die uns seit gestern als Untergrund für unsere Reise dienen. Aber links und rechts davon, in den Gräben und Schluchten, welche für diese Gegend im Südosten Oberösterreichs so typisch sind. Dort hat der Mensch Pause und die Natur das Sagen, und die gefallenen Baumriesen werden zum Keimbett für junge Pflänzchen und Nahrungsquell für vielerlei Getier.

Irgendwo dazwischen

Wir sind irgendwo zwischen Anlaufalm und Losenstein. Das Windischgarstener Becken und die wildromantische Pyhrn-Priel Region liegen bereits hinter uns.

Stets die schroffen Gipfel von Warscheneck, Pyhrgas & Co. vor Augen, haben wir uns panoramareich über das oberösterreichisch-steirische Grenzgebiet zur Mooshöhe vorgearbeitet.

Nun sind der Nationalpark Kalkalpen und damit das Reichraminger Hintergebirge sowie das Sengsengebirge unsere Gastgeber, und die jeweils im Norden angrenzenden Kulturlandschaften von Enns- und Steyrtal die sanft hügeligen, kontrastreichen Ergänzungen zu diesem wald-, wasser- und artenreichen Schutzgebiet.

© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Ennstal
Ennstal
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Ennstal
Ennstal
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Ennstal
Ennstal

Unsere Mission lautet Trans Nationalpark - genauer gesagt: deren nördlicher Ast.

Die ebenfalls zu dieser neuen Mehrtages-Mountainbiketour mit eigener Beschilderung, GPS-Daten und optionalem Gepäcktransport zählende Südschleife durch den Nationalpark Gesäuse müssen wir aus Zeitgründen leider abzwacken. Detto den Abschnitt zwischen Weyer und Steyr mit den markanten Windrädern beim Platten- bzw. Spadenberg als höchstem Punkt.

Des einen Leid', des anderen Freud'. Dass einzelne Abschnitte der 240 Kilometer und 7.200 Höhenmeter langen Trans Nationalpark auch gut als 3-Tages-Rundtour machbar beziehungsweise dank hervorragender Bahnanbindung sogar eine Nord-Süd-Querung ohne Begleitfahrzeug möglich ist, macht das Gesamtpaket deutlich flexibler.

Wilde Täler, lichte Höhen

Apropos Bahnanbindung ... rund um uns wird es zum wiederholten Male finster. Der Grund: ein knappes Dutzend nur spärlich bzw. überhaupt unbeleuchteter Tunnels. Sie sind das spektakulärste Überbleibsel der historischen "Waldbahn", welche ursprünglich diese wild zerfurchte Gegend für den Holztransport erschloss. 1971 fuhr die Schmalspurbahn zum letzten Mal.

Ein Glück für uns Mountainbiker, sausen wir auf ihrer ehemaligen Trasse doch somit fast brettleben über den sogenannten Hintergebirgsradweg und haben ausreichend Zeit und Muße, die steil aufragenden Felswände und Steinsäulen, ungestüm wuchernden Pflanzen und den eilig fließenden Reichraminger Bach zu bewundern!

Nur wenige Kilometer zuvor hat die Welt übrigens noch ganz anders ausgesehen: weit und erhaben, mit ungetrübtem Blick übers Land - auch und vor allem auf den Größtenberg. Wie der Name schon andeutet, ist dessen 1.724 m hoher, markanter Doppelgipfel ein größter Berg - nämlich jener des Reichraminger Hintergebirges. Darüber hinaus lockt die Anlaufalm mit einem wahren Heidi-Idyll sowie den typisch oberösterreichischen Knödeln und legendären gebackenen Mäusen von Wirtin Maria...

© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Anlauf-Alm
Anlauf-Alm
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Mohnstrudel auf der Anlauf-Alm
Mohnstrudel auf der Anlauf-Alm
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Eingekühltes Bier auf der Anlauf-Alm
Eingekühltes Bier auf der Anlauf-Alm
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Anlauf-Alm
Anlauf-Alm
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Süßes auf der Anlauf-Alm
Süßes auf der Anlauf-Alm
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Auf der Anlauf-Alm
Auf der Anlauf-Alm

Mindestens ebenso freundlich wie zur Mittagsrast auf dieser knapp unter 1.000 m Seehöhe gelegenen Alm werden wir abends im Gasthof Blasl in Losenstein aufgenommen. Der Familienbetrieb ist einer von rund 15 "Bike-Spezialisten" entlang der Trans Nationalpark, die Radfahrer mit speziellen Dienstleistungen à la kostenlosem Wäsche-Service oder absperrbarer Bike-Garage erwarten.

© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Gasthof Blasl
Gasthof Blasl
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Gasthof Blasl - Werkstatt
Gasthof Blasl - Werkstatt
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Gasthof Blasl - Motorrad
Gasthof Blasl - Motorrad

Von Messerern, Schmieden und Musikanten

Am nächsten Morgen führt unsere Route nach beschaulichen ersten Radweg-Kilometern entlang der ruhigen, grünen Enns nach Trattenbach, ins sogenannte "Tal der Feitelmacher". Schon seit fast 600 Jahren werden dort die speziellen Taschenmesser mit gedrechseltem Holzgriff und klappbarer Klinge produziert. Zwei Manufakturen - Hack und Löschenkohl - betreiben das Handwerk heute noch in Schaubetrieben.

© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Trattenbachtal
Trattenbachtal
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Feitelmacher Löschenkohl
Feitelmacher Löschenkohl
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Feitelmacher Löschenkohl
Feitelmacher Löschenkohl

Neben der Köhlerei, der Falknerei und dem Volkstanz ist das liebevoll auch "Zaukerl" genannte Messer übrigens eine von gleich sechs Traditionen in der Nationalpark-Region, die von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt wurden. Mindestens ebenso berühmt ist außerdem die Mollner Maultrommel, ein kleines Musikinstrument bestehend aus Metallrahmen und Stahlzunge das, zwischen die Zähne gepresst, den Kopf des Musikers als Resonanzraum nutzt. Und auch die sogenannten "Hammerherren" haben es im Zuge ihrer Sensenschmiede-Erzeugung zu einiger Bekanntheit, Reichtum und der UNESCO-Auszeichnung gebracht.

Schmiedekunst für die Bewacher des Heiligen Vaters im Vatikan

In Molln ist auch die Schmiede Schmidberger beheimatet. Die "Schmidten bei der Lacken" in Molln besteht seit dem 14. Jahrhundert. Die Vorfahren der Familie Schmidberger betrieben diese Schmiede seit ca. 1800.

Die Schwerter, Blankwaffen und Harnische werden hier in detailgenaue Handarbeit gefertigt. Die Werke dieses Handwerksbetriebs findet man in bekannten Opern- und Schauspielhäusern im In- und Ausland, in Museen, bei Sammlern und historischen Vereinen. Außerdem werden sie stolz bei Mittelalterveranstaltungen, bei Turnieren und Schaukämpfen vorgeführt.

Seit 2009 darf die Schmiede Schmidberger die Päpstlische Schweizer Garde im Vatikan zu seinen bekanntesten Kunden zählen.

Nach dem kulturellen Zwischenstopp wird's zum Schreien anstrengend.

Mit der Überfahrt ins Steyrtal via Schreibachfall wartet eines der steilsten Forststraßenstücke Österreichs.

Wie gerne hätten wir dort auf eines der E-Bikes umgesattelt, die entlang unseres bisherigen Weges schon mehrfach zum Verleih angeboten wurden!

Erst am Pfaffenboden ist wieder Durchschnaufen angesagt. An dieser markanten Wegkreuzung können Mountainbiker zwischen drei Möglichkeiten wählen:

  1. nach links mit 250 zusätzlichen Höhenmetern zum Schobersteinhaus
  2. nach rechts binnen 100 Extrametern zur Grünburger Hütte, oder
  3. geradewegs runter ins Steyrtal.

Einmal entschieden für und raufgeradelt auf die Grünburger Hütte, müssen wir nur noch gebührend staunen über den dortigen Ausblick vom Sengsengebirge bis ins Mühlviertel.

© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Auffahrt Grünburgerhütte
Auffahrt Grünburgerhütte
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Grünburgerhütte Blick Nordwest - Zentralraum - Mühlviertel
Grünburgerhütte Blick Nordwest - Zentralraum - Mühlviertel
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Grünburgerhütte Blick ins Sengsengebirge
Grünburgerhütte Blick ins Sengsengebirge

Die wohlverdiente Stärkung

Auf der Grünburger Hütte genießen wir, was uns vom ungarischen Hüttenpärchen Balazs und Katalin gekocht und kredenzt wird: Linsensuppe, Schweinsbraten, Buchteln, Nockerl,... - die Liste der Möglichkeiten ist himmlisch und lang.

Durch den Dorngraben düsen wir nach der verdienten Rast in langer, flotter Fahrt hinunter ins Steyrtal und sodann entlang des immer wieder türkis durchschimmernden Flusses südwärts nach Molln.

Hier beherbergt uns das Landgasthaus Steiner-Kraml für eine Nacht und verköstigt uns unter den riesigen Kastanienbäumen seines stimmungsvollen Gastgartens.

© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Steyrtal Radweg
Steyrtal Radweg
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Steyrtal Radweg
Bemooster Holzbalken am Steyrtal Radweg
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Steyrtal Radweg
Bemooster Holzbalken am Steyrtal Radweg
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Steyrtal Radweg
Steyrtal Radweg
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Steyrtal Radweg
Steyrtal Radweg
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Steyrtal Radweg - Haunoldmühle
Steyrtal Radweg - Haunoldmühle

Dorf, Wald, Fluss

Auf eine sportlich-aussichtsreiche Acht um Annasberg und Trailing mit Blick aufs Mollner Becken folgt tags darauf eine neuerliche Flussfahrt in den laut Einheimischen "schönsten Talschluss des Nationalparks". Und tatsächlich erweist sich der Weg in den Bodinggraben als nachgerade meditative Reise von einem stillen Highlight zum nächsten.

Das beginnt mit den Narzissenwiesen in der Breitenau und setzt sich fort mit dem Gurgeln und Plätschern, Eilen und Weilen der Krummen Steyrling. In den seltenen Waldtypen des Bodinggraben - insgesamt wurden im Nationalpark über 30 Biotop-Typen nachgewiesen - findet es sein vermeintliches Ende.

Nur, um dann doch noch Blick und Weg freizugeben auf eine idyllische Lichtung mit einem kulturhistorisch interessanten Gebäudeensemble. Das hölzerne Forsthaus, einst Jagdschloss der Grafen Lamberg, kann mit einem Ranger als kundigem Führer besichtigt werden.

Gleich daneben sorgt das liebevoll renovierte "Jagahäusl" für unser leibliches Wohl.

© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Bodinggraben - Jagahäusl
Bodinggraben - Jagahäusl
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Bodinggraben - Jagahäusl
Bodinggraben - Jagahäusl
© Foto: Erwin Haiden/nyx.at: Bodinggraben - Jagahäusl
Bodinggraben - Jause im Jagahäusl

Über einen kurzen Singletrail beim Biwakplatz Steyrsteg erklimmen wir anschließend den für heute höchsten Punkt und rollen mit den letzten Strahlen der Sonne zurück an unseren Ausgangspunkt. Friedlich und still liegt Windischgarsten im Schoße des großartigen Felsenkinos von Totem Gebirge und Haller Mauern. Die Weiterfahrt ins Steirische, sie würde uns wirklich reizen. Die Kalkwände würden dort, im Nationalpark Gesäuse, noch enger und höher stehen, die Wasser noch wilder fließen. Andererseits: Man braucht ja auch für künftige lange Wochenenden noch etwas zu tun...

Diese Reportage wurde mit großer Sorgfalt von Lisi Hager recherchiert.

Bitte beachten Sie:
Achtung neue Routenführung!

Detaillierte Infos zur Tour und den einzelnen Stationen