© Foto Oberösterreich Tourismus GmbH/Robert Maybach: Eine Gruppe sitzt bei der Teamarbeit an einem Tisch
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Going green: So geht Doping fürs Gehirn

 

Sie haben richtig gelesen – im Tagungsland Oberösterreich wird gedopt. Offiziell und ohne schlechtes Gewissen. Und wir laden Sie dazu ein, es selbst auszuprobieren.

Das geht ganz einfach: Zuerst geht es an die Wahl der Tagungsregion. Ob im Nationalpark, am See oder inmitten sanfter Hügel –  Angebote für naturnahes Tagen gibt es in Oberösterreich zuhauf. Beim Seminarbetrieb angekommen, heißt es die Natur bewusst ins Meeting einzubeziehen. Am besten mit viel Bewegung – so speichern wir Lerninhalte noch besser ab. Die Reizreduktion genießen. Tief einatmen und von den positiven Effekten der Natur profitieren. Warum uns dieses Gehirn-Doping gut tut und wir es viel öfter machen sollten, haben wir  die Neurowissenschaftlerin Dr. Manuela Macedonia gefragt.

Frau Dr. Macedonia, welche Bedeutung haben Naturerlebnisse auf unser Gehirn?

Dr. Macedonia: Die unterschiedlichen Funktionen unseres Gehirns werden von Netzwerken von Nervenzellen bedient. Im wachen Zustand wechseln sich zwei große Netzwerke ständig ab: Das Aufmerksamkeitsnetzwerk und das Ruhemodus-Netzwerk. Das erste ist aktiv, wenn wir Information bewusst verarbeiten und speichern, Probleme lösen, Aufgaben ausführen, usw. Im Gegensatz dazu macht uns das Ruhemodus-Netzwerk immer wieder „gedankenfrei“. So regenerieren wir uns im Wachzustand kurzfristig von geistigen Anstrengungen. Zusätzlich kommen wir zu kreativen Lösungen von Problemen, die wir im Aufmerksamkeitsmodus trotz aller Anstrengung nicht schaffen. Nun ist es wissenschaftlich gut belegt, dass das Verweilen in der Natur unser Ruhemodus-Netzwerk immer wieder „einschaltet“. Wir merken es, dass es so ist, wenn wir uns – zum Beispiel –   der Bewunderung einer Landschaft hingeben, ohne Absichten und ohne viel zu tun, darin die Seele kurz baumeln lassen. Dieser angeborene Regenerationsvorgang unterstützt nicht nur geistige Prozesse, sondern hilft auch, psychische Krankheiten abzuwehren.  

Was macht das Tagen an der frischen Luft mit uns?

Dr. Macedonia: In Japan wird dem Verweilen in der Natur, insbesondere im Wald – so genannten Waldbaden „shinrin-yoku“ – seit vielen Jahren ein hoher Wert aus medizinischer Sicht beigemessen. Nach Aufenthalten in der Natur sinkt der Spiegel vom Stresshormon Cortisol und dadurch werden zahlreiche Körperprozesse normalisiert, wie zum Beispiel Blut(hoch)druck und Herzfunktionen. Möglicherweise ist das mit einer Reduktion von Reizen und Aufgaben verbunden, mit der Ruhe, der wir begegnen. Kein Wunder, dass wir gerne in die Natur gehen und uns danach wohl fühlen. So wirkt sich das Tagen an der frischen Luft auf den Körper, aber auch auf den Geist und die Psyche positiv aus, idealerweise wenn es mit Bewegung kombiniert ist.

© Foto Oberösterreich Tourismus GmbH/Stefan Mayerhofer: Bei einem Spaziergang durch Oberösterreichs Wälder neue Energie tanken
Eine Frau mit beigem Wollpullover mit Zopfmuster und grüner Hose geht mitten durch einen Wald. Sie ist umgeben von hohen Baumstämmen, moosbewachsenen Steinen und niedriger Waldvegetation. Alles ist sehr grün und vom Sonnenlicht hell beleuchtet.

Das Tagen an der frischen Luft wirkt sich positiv auf Körper, Geist und Psyche aus. Idealerweise ist es mit Bewegung kombiniert.
Dr. Manuela Macedonia
Neurowissenschafterin und Autorin

Auch bei uns in Oberösterreich  gibt es im Almtal und auf der Mühlviertler Alm die Gelegenheit zum Waldbaden. Dabei bewegt man sich in der erfrischenden Waldluft. Welche Bedeutung hat Bewegung auf unser Gehirn? 

Dr. Macedonia: Bewegung regt mehrere Prozesse im Gehirn an, die zu seiner Gesundheit beitragen, wie zum Beispiel die Neurogenese. Es handelt sich um die Entstehung neuer Gehirnzellen: Sie verstärken Vorhandene und ersetzen auch jene, die durch das Altern oder aber auch durch schlechten Schlaf, ein Gläschen Wein zu viel und dergleichen verloren gegangen sind. Auch die Ausschüttung von Nervenwachstumsfaktor wird durch Bewegung in jedem Alter angeregt. Unser Gehirn produziert diese Substanz, um seine Zellen und die Verbindungen unter ihnen zu stärken. Haben wir zu wenig, sind wir für Depression aber auch für Demenzerkrankungen anfällig. Bewegung hält auch den Hippocampus fit, unseren Kurzzeitgedächtnisspeicher, eine Struktur, die sich in der Tiefe des Gehirns befindet. Darin werden Informationen zirka zwei Jahre gelagert, nachdem wir sie aufgenommen haben. Bewegt sich der Mensch ausreichend, bleibt der Hippocampus funktionsfähig bis ins hohe Alter. Unser Gehirn lernt, indem Neuronen sich miteinander vernetzen und ausgedehnte Netzwerke bilden, die Wissen und Können speichern. Dazu ist eine Verstärkung an Gehirnzellen notwendig, die durch Neurogenese kommt aber auch durch mehr Nervenwachstumsfaktor.

Wie wirkt Bewegung während des Seminars auf die Merkfähigkeit bzw. Aufmerksamkeit?

Dr. Macedonia: Führen wir ein Leben, in dem Bewegung in unserem Alltag eine Rolle spielt, werden wir jede Lernaufgabe gut meistern. Ein wichtiger Aspekt in Lernprozessen ist allerdings die Aufmerksamkeit. Sie schwindet, wenn wir lange während des Lernens sitzen und dabei ermüden. Bewegen wir uns während einer Lernaufgabe, statt sitzen zu bleiben, aktivieren wir auch unser Aufmerksamkeitsnetzwerk verstärkt. Das erlaubt uns, wichtige Inhalte hervorzuheben und auf sie zu fokussieren, damit sie auch adäquat verarbeitet und gespeichert werden.

Eine Tagung, die nicht nur im Seminarraum, sondern auch in der (schönen) Natur stattfindet und idealerweise durch Bewegung begleitet wird, kann aus „Sicht des Gehirns“ die Aufmerksamkeit und das Lernen nicht nur unterstützen, sondern auch verstärken und die Lerninhalte effizienter abrufbar machen.

Herzlichen Dank für das interessante Gespräch!

 

© Dr. Manuela Macedonia
Dr. Manuela Macedonia

Über Dr. Manuela Macedonia

Dr. Manuela Macedonia promovierte an der Universität Salzburg über die Auswirkungen von Bewegung auf das Gedächtnis. Am Max-Planck-Institut für Neurowissenschaften Leipzig arbeitete sie zu den Vorteilen des
sensomotorischen Lernens. Derzeit ist sie an der Universität Linz tätig. Die Neurowissenschaftlerin und Buchautorin Dr. Macedonia läuft beinahe täglich: aber, wie sie betont, nicht für ihre Figur, sondern für ihr Gehirn.

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Wie man in Oberösterreich die Natur einbinden kann