Sie haben die Quetschn ins Radio und auf internationale Festivalbühnen gebracht: Die oberösterreichische Band folkshilfe – das sind Florian Ritt, Gabriel Fröhlich und Paul Slaviczek. Ihr Sound wird gerne als "Quetschn-Synth-Pop" bezeichnet. In den Songs geben die drei Oberösterreicher der Gesellschaft jene Leichtigkeit zurück, die sie verloren hat. Etwa in der aktuellen Single "Hau di her".
Die Musik an sich ist schon mitreißend. Da liegt Tempo drin, antriebsstark, atemlos, voller Energie kommen die Klänge daher. Die Sounds flattern im Kopf herum, machen Sturzflüge und kreisen wie ein Kolibri durch die Synapsen. Aber so richtig euphorisch wird man, wenn man folkshilfe live sieht. Da rotieren die Hüften wie bei einer Flex – niemand im Publikum sitzt still.
folkshilfe kennt die Mechanik des Publikums genau und weiß es zu begeistern, denn die jungen Männer starteten ganz nah bei den Menschen - als Straßenband. "Die Straße ist ein hartes Pflaster – man muss sich jede:n Hörer:in erspielen", erinnert sich Florian Ritt an die Anfänge. Heute begeistert der Frontman mit Band auf Bühnen in Berlin und München oder beim "Woodstock der Blasmusik" tausende Zuschauer. Begonnen hatte alles mit ersten kleinen Auftritten beim Maurerwirt in Kirchschlag. Im Interview mit dem Oberösterreich Magazin spricht Florian Ritt über soziales Engagement, Oberösterreich als kreative Kaderschmiede und das Faulenzen in der Steyrer Au.
Florian Ritt: "Ich denke das Lied passt gut rein. Aber es hat auch gut gepasst, als wir alle alleine zu Hause saßen. Wenn man sich einsam fühlt und einem die Gemeinschaft fehlt, kann es sein, dass man sich am Ende des Tages in Debatten verliert. Dabei ist die Frage: Wo sind die Gemeinsamkeiten? Retrospektiv war Corona eine sehr lehrreiche Phase."
"Dass unser eigener Kontrollrahmen in Wahrheit viel kleiner ist als wir uns das eingestehen wollen. Die letzten Jahre haben gezeigt, wie schnell man fremdbestimmt ist. Wir haben ja auch in der Pandemie ganz verschiedene Konzerte gespielt: Vom Sitzpublikum bis zu Konzerten mit Abstand. Aber man merkt, es ist etwas zutiefst Menschliches, dass man gemeinsam Kunst und Konzerte zelebriert."
"Wir haben definitiv eine sehr lebendige Kulturszene in Oberösterreich. Man hat hierzulande jedenfalls gecheckt, wo man ansetzen muss. Ich denke da etwa an das BORG Linz mit dem Popmusik-Zweig. Aber auch das Landesmusikschulwerk leistet große Arbeit. Wenn man in die Wiener Orchester schaut merkt man schnell, dass sie von Oberösterreicher:innen durchwachsen sind, die auf höchstem Niveau spielen. Aber dieses Können erlernt man nicht mit 20, sondern als Kind, wenn man zum ersten Mal der Musik begegnet. Und dann kann ich nur sagen: Subventionen sind natürlich die Magie. Es sind die kleinen Veranstalter, wo die Subkultur beginnt. Ich denke da etwa an das röda in Steyr. Dort wird nie jemand reich. Aber die sind irre wichtig. Wenn es keinen Ort gibt, wo man beginnen kann, dann schauts auch später mager aus. Du wirst ja in einem Club aufgebaut…"
"Der Posthof natürlich. Wir sind ja jetzt schon viel herumgekommen und haben auf unzähligen Bühnen gespielt, aber der Posthof ist Bombe und international nicht die Regel. Da stimmt einfach alles: Er ist innovativ gedacht, es steckt viel Herzblut drinnen und auch die Stadt Linz steht dahinter. Die ganze Crew um Gernot Kremser ist toll und wir haben auch schon viele interessante Gespräche dort geführt.
Auch die Burg Clam ist gigantisch und sehr speziell."
"Der Maurerwirt in Kirchschlag ist so etwas wie unser Bandwirt – da hängt sogar eine Gitarre von uns (lacht). Der Günter Maurer ist ein Wirt mit Leib und Seele und es gibt ehrliches Essen und super Bier. Das ist ein gut geführter Betrieb, das spürt man an jeder Ecke . Wir hatten auch unser erstes Konzert dort und immer wieder Jam-Sessions. Schlagzeuger Gabriel ist und isst sehr gerne im Schloss Weinberg im Mühlviertel. Und beim Halusa in Sierning gibt's definitiv das beste Backhenderl. Bei Friedlieb und Töchter in Linz hole ich mir gerne etwas Süßes."
(Schweigt kurz.) "Puh, das ist eine schwierige Frage. Aber der erste Song der mir jetzt einfällt ist 'Hoamweh noch B.A.' von den Ausseer Hardbradlern. In dem Lied geht's ja darum, dass man erst in der Ferne merkt, was Heimat bedeutet. Dass man eigentlich das liebt, was man früher hasste. Oberösterreich ist 'schiach' und doch 'schen'. Es gibt so viele Flecken, die aufs erste nicht die große Idylle sind, aber genau das macht Oberösterreich so charmant: Winterhafen, Alturfahr – das ist alles mitten in Linz aber trotzdem keine Idylle. Ich finde es sehr charming. Ich genieße auch die Lage: Man ist sofort überall - Wien, München, Graz und dann ist man auch schnell auf der halben Strecke nach Innsbruck. Oberösterreich liegt viel geschickter als Wien. Beruflich und privat sind wir als Band häufig in Ottensheim, da dort unser Proberaum ist. Man merkt dort, dass man am Wasser ist – alles ist sehr offen und entlang der Donau passiert viel Kultur. Und die Auen in Steyr sind auch ein cooler Fleck zum Abschalten – man redet nicht umsonst vom 'Venedig Österreichs'."
"Wir haben mit folkshilfe unsere eigene Nische selbst erschaffen. Beispielsweise haben wir beim letzten Album einen Song mit einem Linzer Hiphopper aufgenommen. Die Single ist auf Ö3 gelaufen. Aber wir werden auch im Regionalradio gespielt. Das beschreibt unsere Geschichte recht gut. Es war und ist auch für uns eine Reise. Das was am Anfang schwierig war ist jetzt unser Kapital."
"Auf jeden Fall. Gabriel - unser Schlagzeuger - ist heute noch ehrenamtlich beim Roten Kreuz. Wir spenden auch immer wieder und arbeiten mit der Volkshilfe Oberösterreich zusammen. Ich will da gar nicht zu viel sagen, aber wir machen auch viel hinter den Kulissen. Der Grund ist einfach: Wir wollen in einer diversen und schönen Gesellschaft leben. Das ist ein Auftrag für uns, immerhin sind wir Österreicher sehr privilegiert und das müssen wir uns auch vor Augen halten. Als Band wollen wir zeigen, dass man füreinander da ist. Bei unseren Konzerten sind alle willkommen, sie müssen aber damit rechnen, dass ich auf der Bühne meine Meinung sage. Wir sind halt keine Seitenblicke-Band.
Florian Ritt aus Sierninghofen-Neuzeug (Steyr) spielt die Steirische Harmonika und ist zuständig für den Synthesizer-Sound von folkshilfe. Mit ihm unterwegs sind der Schlagzeuger und Sänger Gabriel Fröhlich aus Kirchschlag bei Linz und der Gitarrist und Sänger Paul Slaviczek aus Engerwitzdorf.
"folkshilfe" wurde 2011 gegründet und tourte zunächst als Band durch die Straßen Europas. Es folgten die ersten Konzerte auf heimischen Bühnen. Ende 2014 wurde das Trio schließlich zur Vorauswahl des österreichischen Beitrags für den Eurovision Song Contest 2015, der in Wien ausgetragen wurde, eingeladen. Seither heimsen sie nationale wie internationale Musikpreise ein.
Oberösterreicherball oder Opernball?
Oberösterreicherball
Der perfekte Urlaub?
Faulenzen mit einem Buch und ohne Handy. Unser Leben ist aufregend genug.
Haubenlokal oder Wirtshaus?
Schließt sich nicht aus.
Bier oder Wein?
Darf beides sein.
Mein Kraftort in Oberösterreich…
Münzbach – ein kleiner Ort in der Nähe der Burg Clam. Wir kasernieren uns da öfter ein um kreativ zu sein.
Zwetschgen- oder Grammelknödel?
Das ist gemein – ich mag beides.
Berge oder Seen?
Beides.
Fußballfans: LASK oder FC Blauweiß Linz?
LASK
Brucknerhaus oder Posthof?
Posthof