© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Michael Meindl: Lukas Pöstlberger lehnt auf seinem Rad
Lukas Pöstlberger lehnt auf seinem Rad
Lukas Pöstlberger lehnt auf seinem Rad

Ich weiß,
wo ich hingehöre.

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Beruf: Radfahrer

Von Oberösterreich in die Welt - und immer wieder gern zurück. Groß geworden inmitten der Szene, Strecken und Rennen der Rennradregion Wels, kann sich Radprofi Lukas Pöstlberger bis heute keinen besseren Lebensmittelpunkt vorstellen.

Lediglich acht Wochen pro Jahr, und die nicht am Stück, ist der Schwanenstädter Berufsradfahrer Lukas Pöstlberger normalerweise zu Hause. Dazwischen lebt Österreichs erster und bislang einziger Giro-Etappensieger aus dem Koffer. Denn Radfahren heißt reisen - von Australien bis Kanada, von Spanien bis Rumänien. Streng getaktet und körperlich extrem fordernd ist dieses Leben. Und zwischen den 100, 200 Kilometer langen Rennetappen auch räumlich ziemlich beengt. Es spielt in Team-Bussen, Hotelzimmern und Speisesälen - während großer Rundfahrten oft wochenlang. Männer-Seilschaften ersetzen dann Familienbande, soziale Medien bilden das Tor zur Welt. Deshalb hält der Rennrad-Profi in Diensten von BORA - hansgrohe die wenigen gemeinsamen Stunden und Tage mit seiner Frau und Familie besonders hoch: "Wenn ich daheim bin, bin ich daheim," so der 26-Jährige. Und auch in der Ferne zieht er Energie aus der Verbundenheit und Sicherheit des früh angesteuerten Ehe-Hafens.

Bratl statt Paella

Überhaupt schöpft der Mann mit dem Spitznamen Pösti große Kraft aus seinen Wurzeln. "Ich weiß, wo ich hingehöre. Ich bin ein Oberösterreicher. Ich brauch' hin und wieder Omas Schweinsbratl, ich mag unsere Berge, Seen und Kultur. Natürlich gibt's auch anderswo schöne Plätze. Aber die haben ein Ablaufdatum, weil wirklich entspannen kann ich nur hier." Landläufigen Meinungen, wonach weiter südlich das Wetter und Umfeld für einen Radprofi besser wären, erteilt er eine klare Absage: "Barcelona, das bin ich nicht." Zumal die Trainingsbedingungen unmittelbar vor seiner Tür perfekt seien. Flache Fluss-Radwege zum Ein- und Ausrollen gibt es rund um die ungefähre Landesmitte ebenso wie leicht kupierte Güterwege und Nebenstraßen fürs abwechslungsreiche Kilometerfressen. Die Berge des Hausruck, des Enns- und Kremstals dienen dem Allrounder als Sparringspartner für die Erhöhung der wettkampfspezifischen Ausdauer. Dazu ein lieblicher Salzkammergut-See fürs Gemüt oder ein imposanter Kalkalpen-Blick als Motivationshilfe. Und im Vorbeifahren unbedingt ein guter Cappuccino im Lieblingscafe Traunzeit direkt am Fluss ... fertig ist das ideale Rennradrevier.


Grundlage trainiere ich im Salzkammergut oder Eferdinger Becken. Intervalle im Hausruck und Alpenvorland.

© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Michael Meindl: Lukas Pöstlberger beim Interview
Lukas Pöstlberger beim Interview

Das Klima hier? Doch eher gemäßigt als kalt; ein wenig nebelig vielleicht, dafür niederschlagsarm. "Die Atterseerunde geht auch im Winter, noch dazu ist dann kaum Verkehr", grinst der gelernte Tischler verschmitzt. Davon abgesehen, dass sich rund um seinen Wohnort ja das Who-is-who der heimischen Radsportszene schart. Da leben zum einen etliche aktive und ehemalige Berufsradfahrer. Da ist zum anderen das Continental-Team Felbermayr Simplon Wels. In dieser Mannschaft begann 2011 auch Lukas Profi-Karriere, nachdem er im Rahmen eines Schul-Freifachs Mountainbike-Rennluft geschnuppert und beim Radclub Lambach erste Nachwuchs-Erfolge auf der Straße gefeiert hatte. Außerdem begrüßt die Messestadt regelmäßig zahlreiche Topathleten bei traditionsreichen Wettkämpfen und internationalen Etappenrennen (s.u.).

Pflichttermin City-Kriterium

Zum bereits 20. Mal ging's beispielsweise Anfang August 2018 beim Welser Innenstadt Kriterium mit tausenden Zusehern und Spitzengeschwindigkeiten bis zu 60 km/h rund. Auch der mittlerweile siebenfache Staats- bzw. Österreichische Meister wollte sich das spektakulären Schaulaufen vor heimischem Publikum und Fanclub nicht nehmen lassen. Das Ergebnis? Nur drei Tage nach der Tour de France nachrangig - zumal ihm seine Siege 2017 und 2013 niemand mehr nehmen kann.


Ein Verwandter hat ein Lokal direkt an der Rennstrecke. Das wird beim Innenstadt Kriterium zum Pösti-Punkt.

© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Michael Meindl: Cafe Traunzeit
Cafe Traunzeit

Gesellschaftstiger ist der Musikhauptschul-Absolvent mit Klavier- und Gesangsausbildung jedoch keiner, im Gegenteil. "Ich bin ein sehr asozialer Mensch", behauptet er von sich selbst; schwer zu erreichen und zu hundert Prozent auf seinen Job und dessen Erfordernisse fokussiert. Dennoch: Zu seinem ersten Trainer aus Jugendtagen hält er ebenso Kontakt wie zum Radclub Lambach, wo er seit 2005 seine Rennlizenz löst. Ist er im Lande, schaut er gerne beim Internationalen Querfeldeinrennen in Stadl-Paura zu. Um am Laufenden zu bleiben und bei Bedarf Tipps zu geben, beobachtet er den Nachwuchs des Team Felbermayr Simplon Wels via Social Media. Und gelegentlich mischt er sich zwecks Motivationshilfe und Standortbestimmung unter eine der vielen Trainingsgruppen, die von fixen Treffpunkten aus gemeinsam ins Welser Umland fahren.

Arbeitstier und Stehaufmännchen

Freunde und Wegbegleiter schätzen an dem selbsternannten Nerd nicht nur dessen Teamgeist, trockenen Humor, angriffslustigen Fahrstil und Ehrgeiz. Auch Lukas Stehauf-Qualitäten ringen ihnen Bewunderung ab. Ob mehrere Knochenbrüche - Ellbogen, Schlüsselbein und Becken - binnen weniger Monate oder wochenlange Verkühlungen, die sämtliche Renneinsätze vereitelten: Das Talent kam jedesmal stärker zurück. "Mein Trainingsrevier habe ich in dieser Zeit ausgereizt", fasst der Oberösterreich Sportler des Jahres 2017 den jüngsten dieser unfreiwilligen Heimaturlaube sarkastisch zusammen. Eine Behauptung, die in einem dermaßen weitläufigen Gebiet wie der Rennradregion Wels wohl nicht viele aufstellen können. Wer's dennoch versuchen will: Rund 13.000 Kilometer hat der WorldTour Profi innerhalb von vier Monaten abgespult...

© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Michael Meindl: Lukas Pöstlberger mit seinem Rad auf der Brücke
Lukas Pöstlberger mit seinem Rad auf der Brücke

Entweder – oder

Kletterhalle oder Welldorado?

Kletterhalle, das gibt Kraft.

 

Welser Volksfest oder Modellbaumesse?

Volksfest.

 

Olivi oder Gösserbräu?

Gösserbräu.

 

Kirschblütenrennen oder Innenstadt-Kriterium?

Kriterium - mit Familienfanclub in der ersten Kurve nach Start-Ziel!

 

Disco oder Alter Schlachthof?

Puhhh ich geh doch kaum fort ... eher Alter Schlachthof.

Lukas Pöstlberger im Überblick

Werdegang:

Geboren am 10.1.1992 in Vöcklabruck
Wohnhaft in Schwanenstadt
Verheiratet seit Herbst 2016
Erstes Mountainbike-Rennen 2003 im Rahmen eines Schul-Freifachs
Erstes Lizenzrennen mit 13 Jahren
Gelernter Tischler, Profi seit 2011
Oberösterreichs Sportler des Jahrs 2017
Aktuelles Team: BORA - hansgrohe

Motto:
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein

Spezialität:
Allrounder mit gutem Instinkt für Rennsituationen - immer für eine Spitzengruppe gut

Größte Erfolge:

  • 1. Etappensieg eines Österreichers beim Giro d'Italia 2017 (Auftakt-Etappe, somit auch Führungstrikot für einen Tag), außerdem 3. auf Stage 6 und 5. in der Punktewertung
  • Etappensiege bei der Oberösterreich-Rundfahrt 2016, Österreich-Rundfahrt 2015, Istrian Spring Trophy 2015, Tour de l'Avenir 2012
  • Siege bei An Post Rás 2015, Bergwertung Oberösterreich-Rundfahrt 2015, Tour Bohemia 2014, Grand Prix Kranj 2013
  • 7facher Staats- bzw. Österreichischer Meister im Straßenrennen (2018, 2013/U23, 2012), Einzelzeitfahren (2017, 2012/U23, 2011/U23) und Cyclocross (2009/Jun.)
  • U23 WM-Teilnehmer von 2012 bis 2014, bestes Ergebnis: 11. Pl. Einzelzeitfahren

Die Rennradregion Wels

Eingebettet in die Wiesen, Wälder und Hügel des oberösterreichischen Alpenvorlandes liegt die Messe- und Einkaufsstadt Wels. Ihr pulsierendes, urbanes Lebensgefühl bildet einen reizvollen Kontrast zum von mehreren Flusstälern und zahlreichen verkehrsarmen Nebenstraßen durchzogenen Umland, dessen Streckenvielfalt auch etliche Profis schätzen. Sechs spezialisierte Businesshotels offerieren extra Services für Rennradfahrer, traditionsreiche und hochkarätige Rennrad-Events bringen Action und internationales Flair. 

Zur Rennradregion
© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Stefan Mayerhofer: Rennradfahren in Oberösterreich bei Wels
Rennradfahren in Oberösterreich bei Wels

Szene & Touren

Die Rennradszene der Stadt ist groß und leidenschaftlich. Das Profi-Team Felbermayr Simplon Wels ist hier ebenso beheimatet wie verschiedene Hobby-Vereine. An mehreren Tagen in der Woche wird gemeinsam gefahren. Gäste sind bei den Ausfahrten mit sportlichem Anspruch gerne willkommen - aktuelle Termine auf wels.at/rennrad. Für die 14 ausgearbeiteten Tourenvorschläge mit GPS-Daten, Höhenprofil, Beschreibung und Insidertipps haben die Locals ihr Wissen zusammengelegt und präsentieren ein beeindruckendes Best-of der Region. Zwischen 30 und 150 km lang, ist in dem reizvollen Potpourri von Klassikerluft über Kalkalpenblick bis Grenzerfahrung alles dabei.

PöstiTipps

Wer einen richtig "g'schmiert'n" langen Anstieg sucht, um an seiner Konsequenz zu arbeiten, wende sich gen Mühlviertel, genauer Hellmonsödt. Echte Leidensfähigkeit lässt sich auf den fiesen Stichen des Hausruck trainieren: etwa der ein Kilometer langen "Mauer von Ampflwang", oder der "Lucka", einem 20%-Gustostück auf dem Weg von Altenhof nach Gepoldskirchen. Gut rollen kann man auf der ehemaligen Zeitfahrstrecke durchs Grünbachtal. Und ein bisschen was von alledem ist auf der landschaftlich reizvollen Strecke des Kirschblütenrennens zu finden.

Rennen

Alle Jahre im April lockt Österreichs Frühjahrsklassiker, das Kirschblütenrennen, die heimische Elite zum ersten Kräftemessen nach Wels. Kurz darauf steigt im nahen Eferding ein Ableger für Stahlbikes und alte Rennräder - die Kirschblüten Radklassik. Im Juni macht jeweils die Internationale Oberösterreich Rundfahrt Station. Das viertägige Etappenrennen gilt als Kaderschmiede für heimische Talente und Generalprobe für die Österreich Rundfahrt. Dieselbe kürte ihren Gesamtsieger in den letzten beiden Jahren ebenfalls in der Messestadt. Wels war finaler Zielort der achttägigen Landesrundfahrt und hieß das hochkarätige Fahrerfeld im Juli mit Pauken und Trompeten willkommen. Noch mehr internationales Flair, prickelnde Action und spektakulären Rennsport bringt das Welser Innenstadt Kriterium im August. Tausende Zuseher verfolgen immer die packenden Sprints und Ellbogenkämpfe der absoluten Topstars des Radsports auf dem 800 Meter langen Rundkurs durch die Stadt.

Dieses Portrait des Radprofis Lukas Pöstlberger wurde von Lisi Hager recherchiert und verfasst.

Auf den Spuren von Lukas Pöstlberger durch Oberösterreich

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