Der Mensch hat 665 Muskeln. Julian Schöberl hat mehr. Er ist Profi-Ruderer.
Wenn Julian Schöberl im Trainingsdress vor einem steht, dann sieht man genau: An diesem Mann ist kein Gramm Fett zu viel. Logisch, immerhin trainiert er 26 Stunden in der Woche, die meiste Zeit davon auf der Regattastrecke in Ottensheim. 38 Schläge schafft Schöberl in der Minute und erreicht dabei bis zu 20 Stundenkilometer.
80 Prozent aller Muskeln werden beim Rudern gefordert.
"Rudern ist ein ehrlicher Sport", sagt der Profi, der neben seiner sportlichen Karriere - wenn der Trainingsplan es zulässt - Statistik an der Uni Wien studiert.
Und für ebendieses Überwinden persönlicher Barrieren braucht es aber einen Ausgleich für Körper und Geist.
"Die Natur berührt mich. Man kann sich sammeln, zu sich finden", sagt der junge Linzer, der auch seine Freizeit gerne sportlich entlang der Donau verbringt. "Ich fahre mit dem Rad oft zur Schlögener Schlinge oder bade in der Donau." Bis zu 20 Grad erreicht die Donau in heißen Sommern und bietet damit eine perfekte Abkühlung nach einer schweißtreibenden Rad- oder Bootstour. "Das Wasser ist sauber, man kann an den Donaustränden die Zeit wunderbar zum Auftanken nutzen."
Wenn die Akkus wieder voll sind, schwingt sich Schöberl leichtfüßig ins Boot, nimmt die Ruder in seine großen, mit Schwielen übersäten Hände, und schlägt das Wasser: "Man hört nichts, man konzentriert sich auf den nächsten Schlag. Gedanklich ist es eine Verbindung von Mensch, Boot und Wasser – und das mitten im Grünen." Bei der WM in Ottensheim geht er mit seinem Wiener Bootspartner Matthias Taborsky im leichten Doppelzweier an den Start.
Ein Ruderboot kostet bis zu 20.000 Euro.
Rund 80 Prozent aller im Körper befindlichen Muskeln werden beim Rudern beansprucht, vom Sprunggelenk bis in die Schultern. Somit ist das Rudern eine relativ verletzungsfreie Sportart die man bis weit über 30 profimäßig betreiben kann. Mehr als 1.500 Kalorien verbrennt Schöberl bei einem Training. "Dann gibt’s Nudeln und Gesundes aus der Region."
Gesund und kalorienreich.
Und wie fühlt man sich als Aushängeschild, als Lokalmatador und als Medaillenhoffnung eines Vereins? "Das ist schon eine komische Sache. Ich muss mich da selber erst dran gewöhnen. Früher habe ich zu den Kollegen ehrfürchtig aufgeschaut. Plötzlich bin ich der, den die Jungen um Tipps fragen. Da hat sich einiges umgedreht. Das ist für mich noch sehr ungewöhnlich", sagt Schöberl ganz bescheiden und tauscht die Badelatschen gegen Sportschuhe. Schon ist er am Sprung und hat bereits den nächsten Termin...
Sympathisch und unkapriziös: Wenn der Linzer Julian Schöberl bei der WM in Ottensheim unter die ersten sieben gelangt, dann darf er bei Olympia 2020 in Tokyo starten.