© Foto: Volker Weihbold: Schwarzenbergischer Schwemmkanal
Schwarzenbergischer Schwemmkanal
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Schwarzenbergischer Schwemmkanal

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Wandern und staunen am (s)achten Weltwunder

Als "geniales technisches Meisterwerk" der damaligen Zeit lädt der Schwarzenbergische Schwemmkanal heute ein, an seinem Lauf die Natur zu genießen. Wo früher flussabwärts Brennholz vom Böhmerwald nach Wien befördert wurde, können Wanderer und Genussradler heute Landschaft und Geschichte erspüren. Schauschwemmer Gerhard Stockinger kennt die schönsten Geheimplätze.

Wanderer und Radfahrer geben Geleistetes gerne in Höhenmetern an. Der Höhenunterschied war es auch, der Ingenieur Josef Rosenauer im 18. Jahrhundert beschäftigte, als er den Schwarzenbergischen Schwemmkanal plante. Der clevere Landvermesser schaffte die technische Meisterleistung, die Kontinental-Wasserscheide zu überwinden und die Moldau mit der Donau zu verbinden. Sein Vermächtnis dient heute längst nicht mehr der Brennholz-Beförderung vom Böhmerwald nach Wien. Heutzutage haben Wanderer und Radfahrer den Kanal für sich entdeckt. Und doch schwimmen immer noch die Scheiter, dann nämlich, wenn Gerhard Stockinger und seine Schwemmer-Kollegen zur Schauschwemme laden.

Naturerlebnis am Kanal

Der Schwemmkanal ist bei Wanderern und Bikern gleichermaßen beliebt. Das weiß auch Simone Kneidinger, die im Försterhaus des Stiftes Schlägl nur unweit vom Kanal entfernt lebt: "Die Leute sind richtig auf der Suche nach solchen Angeboten. In den vergangenen Wochen kamen viele Wanderer, um am Schwemmkanal entlangzugehen", erzählt sie während einer kleinen Wanderung.

Dabei macht man sich natürlich Gedanken über das "(s)achte Weltwunder", wie der Schwemmkanal auch genannt wird. Kaum vorstellbar, dass in dem etwa drei Meter breiten und einen Meter tiefen Kanal mit nur zweieinhalb Metern Gefälle pro Kilometer Scheiter in großem Stil geschwemmt wurden. Und dennoch waren es während der über 100 Jahre dauernden "goldenen Zeit" fast acht Millionen Raummeter Holz, die zur Großen Mühl getriftet wurden.

© Foto: Volker Weihbold: Schwarzenbergischer Schwemmkanal im Böhmerwald
Schwarzenbergischer Schwemmkanal im Böhmerwald

Schauschwemmer am Werk

Wer zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist oder sich vorher online informiert hat, kann bei einer Schauschwemme erleben, wie früher das Holz transportiert wurde. Einer, der das Handwerk des Schwemmens beherrscht, ist Gerhard Stockinger aus Aigen-Schlägl. Gelernt hat er das von seinem Onkel, der viel zu früh verstorbenen Schwemmer-Legende Ewald Fuchs.

Mit breitkrempigem Hut, Ganzholzschuhen, einem in den Gürtel hochgesteckten Vierfleck und einem Schwemmhaken zeigt er Interessierten, wie die Scheite dirigiert werden müssen. Eine harte Arbeit sei das gewesen. Burschen, Männer, aber auch Frauen waren mit der Holzschwemme beschäftigt: an die 1000 Personen in den goldenen Jahren im 19. Jahrhundert. Dass vor allem auf tschechischer Seite der Kanal nebst erwanderbarer Begleitstraße so gut erhalten ist, ist einer Initiative des Nationalparks Sumava zu verdanken. Der Kanal wurde als Denkmal aufwendig restauriert und steht Wanderern und Radfahrern gleichermaßen zur Verfügung. Aber auch auf österreichischer Seite gibt es Interessantes zu sehen: "Besonders schön ist die Steilstufe in Morau bei St. Oswald/Haslach", verrät Stockinger, der selbst gerne mit kleineren Radgruppen die Region erkundet. Um den 1821 gebauten Tunnel in Hirschberg zu bewundern, muss man wieder "hinein" ins Böhmische. Der älteste Tunnel Europas soll dieser sein, glaubt man den Erzählungen.

Fakten und Infos:

Die Entstehung des Kanals geht zurück bis ins 18 Jhdt. Zu dieser Zeit war die Reichshauptstadt Wien enorm gewachsen und Brennholz ein knappes Gut. 1774 legte der Forstingenieur Josef Rosenauer seinem Auftraggeber Fürst Schwarzenberg einen genialen Plan vor. Rosenauer hatte die Idee Holzressourcen, die im Böhmerwald im Überfluss vorhanden waren, nach Wien zu befördern. Ein kühnes Vorhaben, das nur unter Einsatz fortschrittlichen bautechnischen Wissens, verwirklicht werden konnte.

Die Pioniertat bestand in der Überwindung der kontinentalen Wasserscheide (790m) zwischen Donau und Moldau. Während der "Goldenen Zeit der Schwemme" wurden acht Millionen Raummeter Holz gedriftet. Dann wurde es wieder still um den Schwemmkanal bis nach der Wende der Kanal mit vereinten Kräften österreichischer und tschechischer Helfer restauriert wurde. In der heutigen Zeit ist das Programm am Schwemmkanal, bei dem die kulturelle Verbundenheit der tschechischen und österreichischen Bevölkerung deutlich wird, ein Anziehungspunkt für viele interessierte Besucher.

Dieser Artikel erschien in der Serie "Faszination Heimat" in den OÖNachrichten.
Text: Thomas Fellhofer, Fotos: Volker Weihbold.

Infos rund um den Schwarzenbergischen Schwemmkanal

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