© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Marc Schwarz: Bunt und ausgelassen sind die Ebenseer Fetzen.
Ebenseer Fetzen mit buntem Kostüm, Holzmaske, Hut und zerschnittenem Regenschirm, im Hintergrund der Traunsee.
Ebenseer Fetzen mit buntem Kostüm, Holzmaske, Hut und zerschnittenem Regenschirm, im Hintergrund der Traunsee.

Die Fetzen
sind los!

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Nationalfeiertag in Ebensee

Der Rosenmontag ist der Nationalfeiertag in Ebensee. Inoffiziell natürlich nur. Da ziehen Johannes Scheck und seine Kollegen vom Ebenseer Faschingsverein die Fetzenkostüme an, setzen ihre Larven auf und tadeln augenzwinkernd Nachbarn, Politiker und all jene, die es verdient haben. Der Fasching hat Tradition in der Region und ist von der UNESCO sogar zum immateriellen Kulturerbe in Österreich erhoben worden.

Diese Ebenseer sind aus einem besonderen Holz geschnitzt. So wie auch die traditionellen Larven (von den Ebenseern "Loaven" genannt), also jene Masken, die jedes Jahr beim Fetzenfasching ihren großen Auftritt haben. "In Ebensee gibt es in etwa zehn offizielle Maskenschnitzer", sagt Johannes Scheck vom Faschingsverein. Zirka  40 bis 50 Arbeitsstunden stecken in einer Larve. Meist aus Linden- oder Zirbenholz geschnitzt, ist die Holzlarve nebst den Fetzenkleidern das Symbol für die Faschingstradition. "Am schwierigsten ist die Formgebung bei den Masken", sagt Scheck, der das Faschingsgen von seinem Vater in die Wiege gelegt bekommen hat. Die Schecks haben allesamt buntes Blut und sind im Verein engagiert.   


Den Großkopferten die Meinung sagen!

Die Holzmaske hat einen ganz logischen Hintergrund:  Die Faschingsnarren wollen unerkannt bleiben,  immerhin tadeln sie Politiker, Kollegen, Freunde und Nachbarn. "Das Austadeln ist der Kern des Brauchtums. Da werden Hoppalas und Bonmots von Leuten mit großer öffentlicher Präsenz noch einmal aufgetischt. Wichtig ist eine humorvolle Art, die nicht bösartig ist", sagt Scheck und zieht sein mit Fetzen und Lumpen besticktes Dirndl an.

"Wir verkleiden uns unisex – Männer wie Frauen tragen die bunten Dirndl. Dazu kommt ein Kopftuch, ein mit Lumpen benähter Janker, und ein zerschnittener Regenschirm." Neu entwickelt hat sich der Trend zum kunstvoll dekorierten Hut. Da gibt es Strohhüte mit Seidenblumen, Stofftieren oder bunt bemalte Krickerl. "Die Hüte haben sich erst in den letzten Jahren etabliert. Das ist das Schöne, denn Traditionen sind lebendig dürfen sich ja auch verändern", sagt Scheck.

© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Marc Schwarz: Die einzelnen Teile eines Fetzenkostüms liegen auf einem Holzsteg ausgebreitet. Kleidungsstücke, Maske, Hut, Regenschirm.
Die einzelnen Teile eines Fetzenkostüms liegen auf einem Holzsteg ausgebreitet. Kleidungsstücke, Maske, Hut, Regenschirm.

Die Ebenseer tragen ein "Fetzengewand" aus alten Frauenkleidern, auf die viele bunte Stoffreste aufgenäht wurden. Ihr Gesicht verstecken sie hinter einer Holzmaske. Wichtiges Acessoire der Faschingsnarren: Ein zerschlissener Regenschirm - der "Parapluie" - gehört dazu.

Je nachdem, wie viel es zu tadeln gibt, ist der Fetzenzug zwei Stunden und länger unterwegs, bis er sich beim Rathausplatz auflöst. Dann grasen die Fetzen die umliegenden Wirtshäuser ab, um sich aufzuwärmen und neue "Opfer" fürs Abtadeln zu finden. Um Mitternacht ist dann Schluss. Spätestens dann werden die Masken abgelegt und die Ebenseer sitzen einander wieder Auge in Auge gegenüber, zu fortgeschrittener Stunde vielleicht schon etwas eingetrübt vom feuchtfröhlichen Feiern.

© Foto: Oberösterreich Tourismus GmbH/Marc Schwarz: Das Demaskieren, bei dem die Larven abgenommen werden, erfolgt nach dem Fetzenzug erst spätnachts.
Mann im Ebenseer Fetzenkostüm nimmt beim Demaskieren seine Holzmaske ab.

Zum Ursprung der Faschingstradition in Ebensee gibt es mehrere Vermutungen: Der Fetzenzug habe den reichen "Ausseer Flinserlfasching" zum Vorbild. Beim Flinserlfasching trugen die Bürgerlichen schwarzes Gewand mit edlen Pailletten um die närrischen Tage zu feiern. Die Kostüme muten fast venezianisch an. Es heißt, dass die Ebenseer Salinenarbeiter auch feiern wollten und sich deshalb in alten Lumpen verkleideten.

Wahrscheinlicher ist es, dass das Volk aber die Obrigkeit durch den Kakao ziehen wollte und so mit Holzloafen durch den Ort zog  um nicht erkannt zu werden. So entstand das "Austadeln". Dabei nutzen die Faschingsteilnehmer die Verkleidung zur Gesellschaftskritik und um Missstände aufzudecken.


Faschingtag, Faschingtag,
kimm na bald wieda,
wann ma ka Geld nit ham,
scheren ma di nieda.
Hutz’n, Fetz’n, Lump’n,
auf und nieda, hin und he,
Alles fährt nach Ebensee.
Der Fetzenspruch läutet den Fetzenmarsch ein
und ist das Startsignal für den Faschingsumzug.

Seit 2011 ist der Fetzenfasching in der Liste des UNESCO Welterbes. Damit ein Brauchtum überhaupt darin aufgenommen wird, ist ein relativ aufwändiges Verfahren notwendig.  "Erst muss die historische Situation aufgearbeitet werden,  dann braucht es noch Empfehlungsschreiben von Historikern", erinnert sich Scheck an den Prozess, der rund ein Jahr lang gedauert hat. 

Die Höhepunkte des Fetzen-Faschings

Ebenseer Fetzenzug

Der Höhepunkt der Ebenseer Nationalfeiertage ist der große Fetzenzug am Rosenmontag. Danach wird ausgelassen bis in die frühen Morgenstunden in den Gasthäusern gefeiert.

Nuß-Nuß für Kinder

Am Faschingdienstag können sich Kinder in Ebensee  am Traunsee Süßigkeiten verdienen. Wenn sie nur den Text des Fetzenmarsches laut genug schreien können.

Fetzenverbrennen

Am Aschermittwoch wird der Fasching rituell verbrannt und die nach dem wilden Treiben jetzt leeren Brieftaschen werden in der Traun ausgewaschen. Danach geht's zum Heringsschmaus.

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