Die Stadt.
Das Land.
Der Himmel.
Über der Stadt
Eine Himmelsstiege führt zum 112 Meter hohen Balkon des Linzer Mariendoms. "Dort schwebt man über Stadt, Land und Planeten – so viel lässt sich entdecken", sagt Dombaumeister Wolfgang Schaffer, der hier oben jeden Stein und jeden Winkel kennt.
"Wenn man auf der Turmspitze des Mariendoms steht, fühlt man, wie die Erde mit einem langsam rotiert. Aber nicht in der Leere, sondern in der wundervollen Atmosphäre unseres blauen Planeten", schwärmt Dombaumeister Wolfgang Schaffer. Seinem Einfallsreichtum ist es zu verdanken, dass der 112 Meter hohe Steinbalkon knapp unter der Turmspitze der größten Kirche Österreichs für die Öffentlichkeit zugänglich ist.
"Es war eine Jahrhundertchance", erzählt Schaffer. Aus den mehr als 100 Jahre alten, halsbrecherischen Holzleitern, die eine interne Wartungsstiege für Steinmetze war, wurde eine stählerne "Himmelsstiege errichtet. Sie erfüllt auch für Besucherführungen alle Sicherheitsvorschriften und belohnt die Teilnehmer nach 633 Stufen mit einem atemberaubenden Ausblick. "Kirchen können so ihre Offenheit zeigen und auch der Bevölkerung etwas zurückgeben", sagt der Architekt. Aber was erwartet einen da oben genau?
Dom im Dom und Eiffelturm
Durch eine schwere Eichentür steigt man in eine steinerne "Schnecke", die einen im Halbdunkeln zunächst auf die Ebene der Orgeln in die Rudigier-Halle führt – mit 20 Meter Raumhöhe ein kleiner Dom im Dom. Von dort windet sich die Wendeltreppe rund 25 Höhenmeter hinauf in die "Glockenstube 1", wo die acht Tonnen schwere Bischofsglocke Immaculata (lateinisch "unbefleckt") in ihrem stählernen Glockenstuhl thront. Dessen vernietende Verstrebungen erinnern wie der stählerne Domdachstuhl an den Pariser Eiffelturm, der tatsächlich technologisches Vorbild war. Nach weiteren 20 Höhenmetern in der schraubenförmigen Steinstiege gelangt man in die "Glockenstube 2" mit sechs Glocken in allen Dimensionen und Tönen. "Der Mariendom besitzt in ganz Mitteleuropa das einzig vollständig erhaltene Großgeläute aus der Zeit des 19. Jahrhunderts", sagt Dommeister Clemens Pichler. Von hier geht es über eine filigrane Stahlwendeltreppe erneut 20 Meter hoch und vorbei an den Antriebswellen der riesigen Turmuhren zum Eremitenstüberl.
"Gefühlt ins Unendliche"
Spätestens jetzt fühlen sich die Sinne getäuscht und man glaubt sich in ein Bergwerk tief unter die Erde versetzt. Je weiter man hochsteigt, desto näher kommen die Sandsteinwände, bis nur noch eine schmale Wendeltreppe im Inneren des Turmhelms Platz findet.
Geschafft! Man steigt raus auf den achteckigen Steinbalkon, der den Domturm in 112 Metern Höhe umrundet, darunter das Linzer Häusermeer aus Hubschrauberperspektive. Niemanden lässt dieser Nah- und Fernblick vom Mostviertler Ötscher bis zum Traunstein im Salzkammergut kalt. "Alle Besucher waren bisher überwältigt. Einfach nur schauen, ganz ohne 3D-Brille. Man schwebt über dem Planeten und entdeckt so viel. Die Stadt, das Land und den Himmel", sagt Schaffer.
Dombaumeister und Architekt
Aus dem Leben eines Turmeremiten
Wer über den Dingen steht, schaut tiefer“, schrieb der Schriftsteller Alfred Komarek in einer Reportage, in der es darum ging, eine vertraute Stadt von oben zu betrachten. Linz liegt einem von zahlreichen Höhen zu Füßen: vom steinernen Rondo des Pöstlingbergs, von der Freinbergstraße oder – recht industrienah – wenn man mit dem Rad vom Pfenningberg gen Plesching braust. Aber nirgendwo fällt der Blick erhabener und unmittelbarer auf das urbane Zentrum als von der balkonartigen Plattform, die sich in 68 Metern Höhe um den Turm des Mariendoms zieht.
Hier hat seit 2008 der Turmeremit seine acht Quadratmeter große Heimstatt. Das für die Kulturhauptstadt Linz09 von Diözese-Kunstreferent Hubert Nitsch erdachte Projekt hat bisher mehr als 300 Menschen über 395 Stufen in die Einsamkeit gelockt. Statt kurzer Augenblicke eröffnet sich eine stete Ansichtssache. Die Perspektive lüftet die Geheimnisse von Innenhöfen und Dachterrassen. Flanierende zu ebener Erde ahnen nicht, dass sich hinter Fassaden wucherndes Grün oder das Blau von Pools verbirgt. Im Dunkel der Nacht haben die Symbole der Banken die größte Strahlkraft. Und die Kirchen.
Die Aussicht ist das eine. Die Innenschau das andere – wie im Eremiten-Tagebuch nachzulesen ist. "Es braucht viel Mut und Vertrauen, sich auf etwas Neues, Unbekanntes einzulassen – auf etwas, das meine bisherigen Vorstellungen übersteigt. Das, was ich aber dabei entdecken konnte, übersteigt daher auch alles bisher Wahrgenommene", schrieb Eremitin Birgit.
"Da bin ich! Von Zweifeln geplagt … von Hoffnung gezogen, fragender Mensch auf weisen Stufen, von der Höhe benommen, von der Aussicht überwältigt, von der Einsicht überrascht, rastloser Mensch in ruhendem Zuhause, angekommen", notierte Eremitin Irene.
In den Tagebüchern sei viel von Dankbarkeit zu lesen, "weil der Blick von da oben nicht nur einen Überblick über die Stadt, sondern über das eigene Sein verschafft", sagt Projekterfinder Nitsch. Der Ort der Stille, "wo man Gedanken kreisen lassen kann", wird sich ab Dezember 2021 wieder für Eremiten öffnen.
Dieser Artikel erschien in der Serie "Faszination Heimat" in den OÖNachrichten.
Text: René Laglstorfer und Bernhard Lichtenberger, Fotos: Volker Weihbold.
Rund um den Linzer Mariendom
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Webwww.linztourismus.at
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