Manchmal trifft der Mensch die richtigen Entscheidungen. Manchmal erkennt er das nach Bruchteilen von Sekunden. Ulrike Huber hat die richtige Entscheidung getroffen – vor fünf Jahren. Damals verkaufte sie mit ihrem Mann Manfred die letzte von drei Steuerberatungskanzleien und wurde Berufsfischerin. Am Attersee.
Bei Wind und Wetter: Jeden Tag wirft Ulrike Huber am Attersee die Netze aus.
Eigentlich könnte Ulrike Huber in ihrem Haus am Attersee ein bisserl sommerfrischeln, hin und wieder ein kulturelles Event besuchen und ausgiebig faulenzen. Das tut sie aber nicht. Die ehemalige Steuerberaterin steht lieber täglich um 4.45 Uhr auf. Dann fährt sie mit ihrem Mann in einem kleinen Boot raus auf den See und fängt und schuppt bis zu 20 Kilogramm Reinanken, Hechte und Saiblinge. Die sind natürlich zu 100 Prozent bio und selbstverständlich fangfrisch.
Die Trinkwasserqualität und das intakte Ökosystem des Sees sorgen dafür, dass unter seiner schimmernden Oberfläche ein reges Unterwasserleben herrscht. Insgesamt 26 heimische Fischarten, vom Aal bis zur Rußnase, fühlen sich im bis zu 171 Meter tiefen Wasser wohl. Schonzeiten beachten!
Der Attersee ist der größte Binnensee Österreichs, er ist fischreich und darüber hinaus ein beliebter Badesee, ein hervorragendes Tauch- und Segelrevier und Pfahlbau-Fundorte am Attersee zählen zum "UNESCO Weltkulturerbe Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen".
Wenn Ulrike Huber spricht, funkeln ihre Augen vor Begeisterung. Diese Frau hat Pfeffer im Blut, das spürt man sofort. Bei Wind und Wetter fährt sie mit ihrem Kahn auf den See. "Wenn es draußen minus 10 Grad hat, die Wellen sich überschlagen und einen halben Meter hoch in die Luft peitschen, dann ist das mitunter auch eine Überwindung", gesteht Huber die nebenbei auch noch passionierte Jägerin ist. An trüben Dezembertagen schmerzen dann die Finger vom kalten Wasser. "Aber das Wetter härtet einen ab. Mein Mann und ich sind eigentlich nie krank!"
"Fischer sind schweigsame Menschen", sagt Ulrike Huber. "Sie genießen lieber die Natur, statt zu reden." Wenn also das Ehepaar gemeinsam am See ist, dann besprechen die beiden weder Politik noch Privates. Sie verständigen sich nonverbal, hören dem sanften Flüstern des Wassers zu und lassen die Gedanken weit über den See wandern. "Das hat schon etwas Meditatives!"
Jeder Griff der beiden Fischer sitzt. Nur beim Auswerfen der Bojen und Netze ruft Ulrike Huber laut und deutlich: "Achtung! Boje!" Schon wirft sie den Schwimmkörper in den See. Am nächsten Tag werden die Bojen den Fischern anzeigen, wo die Netze wieder einzuholen sind. In zirka 20 Metern Tiefe warten sie auf Fische. Die Maschenweite des Netzes selektiert die Fischart.
Die Bojen zeigen den Fischern an, wo die Netze am nächsten Tag einzuholen sind.
Zu Sushi und Sashimi lassen sich auch heimische Fische verarbeiten: Reinanke, Forelle, Saibling, Lachsforelle und Karpfen sind besonders gut geeignet. Die Qualität und Frische des Fisches haben höchste Priorität.
Huber fängt die Reinanken in einer Tiefe von 20 Metern und einer Temperatur von vier Grad. Sie schuppt die Fische noch am Boot und bringt sie auf Eis in einer Kühlbox an Land. Für private Zwecke filetiert sie einen Teil noch am selben Tag und richtet sie mit Olivenöl, Fleur de Sel und Pfeffer an. Die anderen Fische verkauft Huber. Sie vakumiert und verschickt sie gekühlt zu Kunden in ganz Österreich.
Die Hubers entnehmen aber nicht nur Fische. Nachhaltigkeit ist ihnen wichtig, darum wollen sie der Region etwas zurückgeben: "Wir haben eine Laich-Genehmigung und brüten im Winter Fischeier aus, die Brütlinge werden dann im See wieder ausgesetzt. Wir sehen das als Verpflichtung." Dank der Laichfischerei haben die Fischer es selbst in der Hand, den Bestand für nachkommende Generationen zu erhalten. Die Hubers führen auch Buch über ihre Fänge. "Solche Statistiken sind wichtig. Wenn wir plötzlich 50 Prozent mehr Fische fangen würden, würde ich mir auch Sorgen machen."
Wenn die Hubers um die Mittagszeit mit dem Boot zu Hause anlegen, dann beginnt erst die richtige Arbeit. Fünf Mal hat Ulrike Huber einen Fisch in der Hand, bevor er das Haus verlässt. Zwar wurden die Fische am Boot geschuppt. Aber jetzt müssen sie noch geräuchert oder vakumiert werden. Zwischendurch läutet immer wieder das Telefon und Bestellungen trudeln ein. "Ein bekanntes Haubenlokal in Wien bestellt regelmäßig bei uns." Geliefert wird per Post.
"Unsere Fische sind rar – man kann halt nur verkaufen, was gefischt wurde. Unser Unternehmen könnte gar nicht ins Unendliche wachsen, wir haben nur begrenzte Fischbestände. Und auch das macht die Attersee-Fische so besonders."
Steckerlfisch zubereiten ist eine Glaubensfrage. Kommt man in das Salzkammergut, ist eines klar: Eine Reinanke muss es sein!
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So geht's