Maria Huber vom Oberösterreichischen Heimatwerk hütet ein Stück lebendiger Geschichte: Sie ist Wächterin der oberösterreichischen Trachtenmappe. Darin sind Schnitte, Muster und Farben aller echten Trachten im Land ob der Enns gesammelt. Rund 800 zertifizierte Trachten gibt es hierzulande. Erstmals in den 1950iger-Jahren wurde die Trachtenmappe aufgelegt und wird heute noch Stück für Stück mit neuen Designs befüllt. Dabei ist selbst die Tracht gewissen Trends unterlegen.
„Tracht ist eine landschaftsgebundene Kleidung“, sagt Maria Huber und fügt gleich hinzu: „Die Farben der Dirndl richten sich oft nach der Region wo sie herkommen.“ An Seen sind häufig diverse Blautöne zu finden. In waldigen Regionen herrscht grün vor. Ob ein Dirndl auch eine echte Tracht ist, entscheidet das Heimatwerk Oberösterreich in einer Gremiumssitzung gemeinsam mit den Goldhaubenfrauen.
„Für die offizielle Tracht gibt es einige grundlegende Voraussetzungen: Farben und Stoffe müssen einen Bezug zum Ort haben. So kann etwa das Gemeindewappen farblich in die Stoffe einfließen“, weiß die Trachtenexpertin. Seit mehr als zehn Jahren herrscht in ganz Österreich ein richtiger Trachtenboom. „Ich merke, dass auch Auslandsösterreicher besonders stolz sind auf unsere traditionelle Kleidung. Ich hatte schon Kunden, die sich das oberösterreichische Festtagsdirndl für einen Botschaftsempfang in New York City bei uns schneidern lassen haben.“ Denn: Kleidung verbindet und dabei ist die Tracht besonders ein Ausdruck einer bestimmten Gemeinschaft.
Die Vielzahl der oberösterreichischen Trachten lässt mittlerweile so manche Gemeinden zu modischen Doppelgängern werden: „Es kann schon sein, dass sich zwei Dirndln aus zwei Gemeinden aus der Entfernung ähneln. Dann machen Schnitt oder eine spezielle Stickerei den großen Unterschied aus“, sagt Huber. Typische Dirndlfarben dabei sind Grün, Blau, Rot, Rosa, Lila, Schwarz und Braun.
In einem kleinen Kämmerchen im ersten Stock des Oberösterreichischen Heimatswerkes in Linz, ist neben den Verkaufsräumen auch eine kleine Schneiderei. Das ist das Reich von Meta Kirchweger. Die 24-jährige Linzerin ist Schneiderin aus Leidenschaft und liebt altes Meisterhandwerk und hochwertige Materialien: „Für ein Dirndl brauche ich in etwa 16 Arbeitsstunden. Nach oben sind natürlich keine Grenzen gesetzt, man kann ja durch diverse Stickereien – ganz nach Wunsch der Kundin - ein Dirndl bis ins Unendliche veredeln.“
Auftragsdirndl brauchen eine Vorlaufzeit von vier bis sechs Wochen. Denn sogar die Knopflöcher sind bei den Heimatwerk-Dirndln handgefertigt. „Am schwierigsten ist es aber die Abnäher an der Brust ordentlich zu erwischen. Das ist sehr wichtig, weil das Dirndl sonst nicht richtig sitzt“, sagt die junge Dirndl-Expertin. Täglich sticht sie sich in die Finger, das scheint das Los der Handarbeit zu sein…
Schwarzer Rock, roter Leib und blau-weiße Schürze: Was sagt eigentlich die oberösterreichische Tracht über unsere Landsleute aus? „Historisch überliefert ist dazu nichts Genaues“, sagt Expertin Maria Huber und blättert noch einmal kritisch in ihrem alten Trachtenbuch nach. Aber blickt man ein bisschen in die Geschichte, so lässt sich darüber doch einiges Vermuten: „Die Farben Rot und Blau waren selbst vor 200 Jahren relativ einfach herzustellen. Und: Die Leute waren früher hungrig nach Farbe, denn so viele Möglichkeiten sich bunt zu kleiden gab es ja nicht.“ Die blaue Dirndlschürze mit dem weißen Muster könnte außerdem ein Symbol für die Donau sein. Aber so genau weiß das in Wahrheit niemand, nicht einmal Maria Huber. Und auch inwieweit früher der Blaudruck bei der Schürze eingesetzt wurde, ist nicht überliefert.
Die Auswahl der Stoffe macht den großen Unterschied zwischen Alltagssdirndl und der Festtagstracht aus. So werden bei der Festtagstracht oft Wollstoffe verwendet, die Schürzen werden meist aus Seide gefertigt. Typisch für Festtagsdirndl sind auch handgeklöppelte Spitzen sowie edle Stickereien und aufwändige Verzierungen. Festtagstrachten werden zu Taufen, Hochzeiten oder Bällen getragen. Das Alltagsdirndl hingegen zeichnet sich durch einfachere Stoffe wie etwa Leinen und Baumwolle aus. Es ist schick, aber funktional.
Originaltrachten bleiben immer gleich, die Dirndlmode ist aber genauso den Trends unterworfen wie der Rest der Bekleidungsindustrie. Denn: Auch die Tracht darf sich weiterentwickeln, muss aber gewissen Richtlinien – gerade bei der Materialauswahl – treu bleiben. Gerade angesagt sind hoch geschlossene Dirndl, wie man sie aus Großmutters Zeiten kennt.
Eine moderne Interpretation des Dirndls schneidert die Pergerin Eva-Maria Naderhirn. Die 31-jährige Meister-Schneiderin entwirft bei ihrem Label Bergluft moderne Schnitte und verwendet dafür klassische Dirndlstoffe. Die Kreationen sind für den Alltagsgebrauch gedacht und nicht an spezielle Anlässe gebunden. Generell hält die junge Frau generell nicht viel von Trends: „Ich nähe halt das, was mir gefällt und was ich selber anziehen würde.“
In einem sind sich Maria Huber und Eva-Maria Naderhirn jedenfalls einig: Von Tüllschürzen der Oktoberfest-Dirndln oder Tigermustern made in China sind beide nicht begeistert: „Die Träger solcher Dirndl haben keinen Bezug zu Tracht oder Tradition, sondern sehen Dirndl als Verkleidung.“
Ledig, verheiratet, verwitwet? In Zeiten vor Facebook war anhand der Dirndlschürze schnell klar, ob eine Frau single ist. Doch wie war das schnell noch mal, mit den Schleifen? Ein Überblick:
Ob feine Garn-Stutzen, edle Hornknöpfe oder urige Taschenfeitl: Je nach Lust und Laune können traditionelle Accessoires verwendet werden. Verboten ist dabei nichts, erlaubt alles. „Die Leute sollen Freude daran haben eine Tracht zu tragen“, sagt Dirndlfachfrau Maria Huber.
Welche Trends gibt es eigentlich bei den Herren? Die echte Lederhose ist zeitlos, qualitativ hochwertig und unterliegt keinen Modestörmungen. Entfaltungsfreiraum haben die Herren dafür beim Styling – Sneakers oder ein peppiges Hemd können da viel ausmachen.