Bier fasziniert. Besonders in Oberösterreich. Denn hier wächst edlester Hopfen heran und knapp 60 Brauereien stellen fantastische Biere her. Wir stellen Ihnen zwei Menschen vor, deren Leidenschaft dem flüssigen Gold gilt.
Die Augen von Elfriede Haindl funkeln voller Freude, wenn sie über Bier spricht. Die Stimmung im neu und behutsam renovierten Verwaltungsgebäude des Prämonstratenser Chorherrenstifts Schlägl über die Betriebsphilosophie der Stiftsbrauerei ist entspannt und leger. Frau Haindl wirkt euphorisch, wenn sie über Bier berichtet. Man spürt die Verve und den Elan. Enthusiastisch erzählt die Betriebs- und Marketingleiterin vom Bier: von der Vielfalt der Bierstile, den unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, und der historischen Braukunst. Das temperamentvolle Gespräch macht Lust auf Bier.
Elfriede Haindl spricht zum Beispiel über das Verhältnis von Frauen und Bier. Denn es ist kein Geheimnis: Biergenuss wird allgemein den Männern zugeschrieben. Für die weiblichen Seite bleibt im Hopfensegment wenig Platz. Auch Frau Haindl war nicht immer vom Bier angetan. "Ich habe früher eigentlich viel lieber Wein als Bier genossen", sagt sie. Doch die Zeiten haben sich geändert. Bier hat sich emanzipiert. "Bier ist salonfähig geworden und hat einen qualitativ hohen Stellenwert bekommen", erklärt Frau Haindl und betont nebenbei das Bierfestival, welches im September im Stift Schlägl stattgefunden hat. "50 Prozent der Gäste waren Frauen. Sie haben sich nicht nur getraut, Bier zu verkosten, sondern waren davon auch begeistert."
Freilich, durch die neue Vielfalt an Bieren wie dem Blumenbier oder dem Gewürzbier bekommt Bier den Hauch von etwas Besonderem und Einzigartigen - was es auch ist und sein soll. Frauen werden aufmerksam und sind davon angetan. Der Geschmack tut das Übrige dazu. Aber dass Frauen wenig bittere Biere bevorzugen kann nicht bestätigt werden. "Ich mag gerne herbe Biere, trinke jedoch ebenso leidenschaftlich Malzbetontes. Es hängt von der Stimmung und Gemütsverfassung ab", sagt Frau Haindl und lacht herzlich. Auch als die Frage auf die Kalorien kommt. "Bier hat weniger Kalorien als Wein. Man darf es nur nicht übertreiben und soll wieder genießen lernen. Ich trinke gern einen Pfiff oder ein Seidel", setzt die Biergenießerin mit einem spitzbübischen Lächeln fort.
Das Innehalten und nicht über die Stränge schlagen deckt sich auch mit den Ansätzen des Stifts. Bereits vor 800 Jahren wurden die Chorherren am Fuße des Böhmerwaldes sesshaft und üben seitdem den Auftrag des Prämonstratenserordens aus. Bildung ist genauso wichtig wie Wissenschaft, Seelsorge oder die Güterverwaltung. Bier wird hier seit über 400 Jahren gebraut. Ursprünglich in den historischen Gemäuern, im Bereich des Stiftskellers, heute in unmittelbarer Nähe und Fußdistanz zum Stift und außerhalb der Klostermauern. Die Brauerei ist beispiellos in Österreich. Schlägl gilt bundesweit als einzige Stiftsbrauerei.
Aber! Wie bei anderen Stiftsbrauereien stellten sich auch hier die Chorherren die Frage, ob Bierbrauen einen wirtschaftlichen Nutzen verspricht. Das Stift Schlägl entschied sich entgegen gut gemeinter Ratschläge, der Tradition treu zu bleiben und weiterhin Bier zu brauen. "Bier ist beliebt und gehört zum Stift. Freilich müssen wir immer einen Spagat machen, und dürfen nicht zu provokant werben. Es benötigt Feingespür. Wir machen auch nicht alles mit und liefern Bier nur zu ausgewählten Betrieben. Es geht darum, Menschen für Bier zu begeistern und nicht um Gewinnmaximierung. Wir sind kein DAX-Unternehmen, die den Aktionären Rechenschaft ablegen müssen. Das ist das Schöne", zieht Frau Haindl Resümee.
Zur Verantwortung des täglichen Tuns gehört auch die Einbindung der Bauern aus der Umgebung, und die behutsame Erneuerung der Räumlichkeiten. "Bier ist wertvoll und besteht aus kostbaren Rohstoffen wie Getreide, Hopfen, sauberem Wasser, Menschen die im Einklang mit der Natur handeln und ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Wir haushalten mit den Finanzen und können nur das ausgeben, was wir verdienen. Das gibt uns Sicherheit, wenn wir behutsam umgehen. Da gehört Respekt und Achtsamkeit dazu", erklärt Elfriede Haindl die Philosophie.
Denn Österreich hat weltweit die erfolgreichsten Biersommeliers. Seit 2009 gibt es Weltmeisterschaften. Alle zwei Jahre finden die Wettbewerbe statt. Neben dem Erkennen verschiedener Bierstile und Bierfehler müssen die Teilnehmer inhaltliche Fragen über Brautechnologie, Rohstoffe oder Brauhistorie beantworten.
Besonders gut können das die Schiffners aus Aigen-Schlägl, in deren Familien-DNA das Bier-Gen verankert sein dürfte. Denn nach dem Karl Schiffner 2009 erster Biersommelier-Weltmeister wurde, schaffte es Sohn Felix Schiffner im September 2017 in München zum Vize-Weltmeister. "Ich weiß jetzt, was es heißt, stolz zu sein", sagt der Vater, der bei seiner Teilnahme vor acht Jahren nicht so nervös gewesen ist, wie beim Finale des Filius. "Überglücklich, super, das Niveau war extrem hoch", beschreibt Felix die Stimmung. 70 Teilnehmer aus 16 Nationen ritterten in München um den Sieg.
"Seitdem ich Bier trinken darf, genieße ich es", sagt Schiffner Junior, der in seinem Vater einen Lehrmeister sieht und jetzt vom Ehrgeiz gepackt ist, den Titel erneut nach Oberösterreich zu bringen. "Ich werde nicht nachlassen und habe noch mehr Motivation, mitzumachen", sagt der Filius mit einem Schmunzeln. "Eigentlich wollte ich Weltmeister im Skilanglaufen werden" erzählt der sportaffine Oberösterreicher, der statt der Sportlerkarriere zuerst Betriebswirtschaft studierte und danach die Braumeisterausbildung absolvierte. "Mich interessiert die Brautechnik und so habe ich selbst angefangen Bier zu brauen. Ich bin kaum mehr vom Kessel wegzubringen gewesen", sagt Felix Schiffner, der neben der technischen Seite auch für die Sensorik affin ist.
Seine größte Stärke sieht er im Erkennen von Bierstilen. Immerhin wurde er von seinem Vater laufend trainiert. "Als ich noch kein Bier getrunken habe, hat mir mein Papa immer Biere hingehalten und mich gefragt, ob ich darin eine Frucht erkenne." Wenn man Schiffner Junior nach den passenden Bieren zu typisch österreichischen Speisen befragt, kommen die Empfehlungen wie aus der Pistole geschossen. Beim Schweinsbratl' muss man nicht lange nachdenken, sagt Schiffner. "Ein österreichisches Märzen ist ein Klassiker. Charaktervoll, nicht langweilig, vollmundig. Eventuell würde auch ein nicht zu süßes Bockbier passen". Beim geschmorten Rind mit Leinölerdäpfel empfiehlt der Sommelier ein untergäriges Schwarzbier und zur Rahmsuppe ein spritziges Bier, eventuell ein Saisonbier mit vielen Gewürznoten. Dass man auch Nachspeisen mit Bier kombinieren kann beweist Schiffner mit einer Empfehlung zum Kaiserschmarren mit Zwetschkenröster. "Ein schöner dunkler Doppelbock. Sehr kräftig, viel Süße, fusioniert perfekt mit Zwetschkenröster."
Und wie sieht Schiffner die Zukunft des österreichischen Bieres? "Wir haben hier geballte Bierkompetenz, viele engagierte Brauereien mit einer großen Vielfalt, aktive Biersommeliers, Gastronomen, die sich mit Bier beschäftigen und im Mühlviertel das größte Hopfenanbaugebiet. Wir entwickeln uns in die richtige Richtung. Während manche Gegenden den Wein als Referenz haben, gibt es bei uns in Oberösterreich das geeignete Pendant dazu. Angefangen beim Märzen oder Lager, was unkompliziertes Biertrinken ermöglicht, bis hin zu Nischen- und Spezialbieren wie im Holzfass gelagertes Bier, Kirschenbier, Sauerbier oder sogar Barley Wine - ein Starkbier für ein starkes Bundesland."
Ein Biermuseum? Nein, der Brauturm der Innviertler Brauerei Raschhofer in Altheim ist viel mehr. Es ist ein Original-Produktionsbetrieb, der fachkundig und liebevoll den Besuchern das Thema Bier näher bringt. Die Gäste können den Braumeistern während des Betriebs über die Schultern schauen und so ganz nebenbei etwas über Bier und die Geschichte des Traditonsunternehmens erfahren. Denn bereits in 10. Generation haben sich die Raschhofers der Braukunst verschrieben. Schon 1645 wurde der erste Gerstensaft kredenzt und urkundlich erwähnt. An der Spitze des Betriebs steht auch in dieser Brauerei eine Frau, Doris Scheriau-Raschhofer führt gemeinsam mit ihrem Ehemann Christoph Scheriau die Geschäfte.
"Raus aus dem Alltag, rauf auf den Brauturm", heißt es, wenn die Besucher mit dem Lift auf den Innviertler Brauturm fahren. Nach einem Blick vom Braubalkon ins weite Land taucht man in eine Welt, in der das Erlebnis Bier mit viel Liebe zum Detail interpretiert wird. Ein Genuss für alle Sinne ist garantiert und mit faszinierenden Filmerlebnissen und spannenden Hintergrundinformationen wird nicht nur der Wissensdurst der Besucher gestillt. Denn - wie könnte es anders sein - endet die zirka einstündige Führung mit einer fachmännischen Bierverkostung.
"Wir wollten unsere Türen öffnen und interessierten Kennern und allen Freunden des guten Geschmacks einen Einblick in den Braualltag schenken. Im Brauturm zeigen wir, was wir unter Braukunst verstehen.", sagt das Paar. Und das ist den Bierbrauern bestens gelungen.
Fakten:
Seit Frühling 2018 können Besucher nach Voranmeldung in die Welt der Braukunst eintauchen. Auch Bierseminare, Bierverkostungen und Zapfkuse gibt es auf Anfrage. Führungen für Einzelpersonen gibt es jeden Donnerstag nach Voranmeldung. Alle Infos unter www.raschhoferbier.at
800 Jahre Klostertradtion trifft 400 Jahre Braukunst. Hochwertige Rohstoffe und altes Wissen verschmelzen zu unverwechselbaren Spezialitäten.
Die Wirkungsstätte des ersten Biersommelier-Weltmeisters Karl Schiffner. Die bierige Tradition führt Sohn und Vize-Weltmeister Felix weiter.
Sie möchten mehr über die Produktion der edlen oberösterreichischen Bier erfahren? Hier finden Sie einen Überblick aller Brauereien in Oberösterreich.
Eine Besichtigung der Stiftsbrauerei Schlägl mit ausführlicher Verkostung der Bierspezialitäten und kulinarischem Bier-Erlebnis im Stiftskeller.
Der erste Biersommelier-Weltmeister Karl Schiffner eröffnet seinen Gästen neue Dimensionen des Biergenusses.
Der Mühlviertler Haubenkoch experimentiert mit Hopfen, Malz und Bier. Das Ergebnis sind herrliche Gerichte mit feinsten Bier-Aromen.