Gemeinschaft leben.
Altes bewahren.
Neues wagen.
Mit Liebe geben.
Die Goldhaube: Warum dieses Gold nachhaltig ist und Kekse die beste Währung sind
Die Goldhaube ist eine waschechte Oberösterreicherin. Genauso wie Barbara Marksteiner, die mit ihrer Schwester Sabine Grünberger die Goldhauben-Gruppe im Bezirk Perg leitet. Eine Tradition, die erfüllt, beseelt und beglückt. Und die äußerst nachhaltig ist.
Das ist der Leitspruch jener rund 18.000 Frauen in Oberösterreich, die zur Gemeinschaft der "Goldhauben-, Kopftuch und Hutgruppe" gehören, die von 17 Bezirksobfrauen gemanagt wird. Zwei davon sind Sabine Grünberger (links) und Barbara Marksteiner (rechts).
Ihre Liebe zur "Goldhaube" ist – wenn man so will – ein bisschen genetisch bedingt. Die Mutter hatte eine, die Schwiegermutter auch und irgendwann "geht einem dieses Gold direkt ins Herz", erzählt Sabine Grünberger, die irgendwann damit begonnen hat, sich ihre eigene Goldhaube zu sticken. 300 Stunden hat sie dafür gebraucht, der Wert der Materialien lag bei 1.350 Euro. Es würde aber auch günstiger gehen. Ab 700 Euro sei man dabei. Ewige Haltbarkeit und Exklusivität (es gibt keine zwei gleichen Hauben) beinahe garantiert.
"Damit sind Goldhaube und das dazu passende Seidendirndlkleid an Nachhaltigkeit kaum zu übertreffen", sagt Grünberger, die in ihrem Brotberuf im Qualitätsmanagement arbeitet – Schwerpunkt: Umwelt und Nachhaltigkeit. Ihre Schwester Barbara ist leidenschaftliche Landwirtin und betreibt ein Gästehaus in Mauthausen.
Der größte Charity-Club im Land
Ihre Goldhauben tragen sie zu vielen kirchlichen Anlässen, aber auch bei Events wie "Donau in Flammen" , wo die Goldhaubenfrauen von den amerikanischen Touristen bestaunt und bewundert werden. Seit der Biedermeierzeit gehört die Goldhaube zur Trachtenkultur. Die bekannteste Haube in Österreich ist die Linzer Goldhaube. In Reiseschilderungen erwähnt Ignaz de Luca 1782 erstmals diese Haubenform. Ab 1805 wird sie überall in Oberösterreich und in Teilen des angrenzenden Bundeslandes Salzburg getragen. Heute steht die Goldhaube für gelebte Tradition, für Gemeinschaft und für soziales Engagement. "Wir sind der größte weibliche Charity-Club im Land. Allein im vergangenen Jahr haben wir 750.000 Euro an Spenden gesammelt. Diese Summe ist durch den Verkauf von Keksen zusammengekommen: Kekse sind eben unsere Währung", erzählt Marksteiner.
Die Haube und das Dirndl
Seit Trachtiges vor mehr als zehn Jahren wieder in Mode gekommen ist, würden sich auch junge Frauen wieder mehr für die Goldhauben interessieren. Denn zur edlen Kopfbedeckung gehört natürlich ein Dirndl, vorzugsweise aus Seide. Es darf aber auch die örtliche Tracht sein. "Natürlich sollte sie lang sein. Obwohl wir uns durchaus vorstellen könnten, dass der Dirndlrock etwas kürzer sein könnte." So viel Erneuerung dürfe durchaus sein. "Was gar nicht geht, ist eine Goldhaube, die zu Jeans und Blusen kombiniert wird", sind sich die beiden gestrengen Expertinnen einig.
Kreativität dürfe aber durchaus sein. Und so sei es jeder Trägerin überlassen, ihr Kleid zu veredeln: mit Perlenstickereien, Spitzeneinsätzen, Smokarbeiten und Spitzenkrägen. "So ein Dirndl hat man ein ganzes Leben lang", sagt Barbara Marksteiner. "Sollte sich das Gewicht der Trägerin verändern, kann das Kleid einfach größer und kleiner geschneidert werden." So eine Tracht sei nicht nur ein historischer Schatz, sondern auch ein Korrektiv für die Figur. Wenn's Dirndl zwickt, sei es an der Zeit, bei den Keksen zu sparen.
Jetzt auch auf YouTube
Vor Corona haben sich die Goldhaubengruppen im Land regelmäßig getroffen. "Bei uns gehören Jung und Alt zusammen und wir leben eine Gemeinschaft, die unser Leben bereichert", erzählen die Schwestern, die aufgrund der Pandemie aktiv geworden sind und Nähanleitungen ins Internet gestellt haben. Wenn die Zeiten normal sind, werden gemeinsame Reisen organisiert, die letzte führte nach Portugal. Und es gibt regelmäßige Handarbeitsrunden. Weil das so ist, kann man jetzt via YouTube mitmachen. Veränderte Zeiten verändern Traditionen manchmal sehr schnell – auch bei den Goldhauben.
Im Portrait:
Barbara Marksteiner
Goldhaubengruppe Bezirk Perg
Leiterin der Goldhaubengruppe Bezirk Perg
Wo man Barbara Marksteiner in ihrer Freizeit antrifft:
... entlang des Donauradweges.
Die Geschichte der Goldhaube
Wie alles begann …
13. Jahrhundert
Goldbestickte Hauben werden in unseren Breiten seit dem 13. Jahrhundert zu besonderen Anlässen getragen und in der Familie weitergegeben.
Um 1760
Schon um 1760 wurde in bürgerlichen Kreisen die Böndel- oder Bodenhaube getragen, die der heutigen Mädchen- und Bürgerhaube glich. Im Verlauf des 18. und frühen 19. Jahrhunderts entwickelten sich die weichen Stoffhauben, die wegen ihrer reichen goldenen Stickverzierungen Goldhauben genannt wurden. Zunächst wurden die Seitenteile der Haube nach hinten gezogen und der Boden oder Böndel zum Knauf geknotet.
Im 19. Jahrhundert
Um 1830 entstand schließlich die Goldhaube in ihrer heutigen Form. Rasch wurde die Goldhaube eine beliebte Kopfbedeckung, sodass Mitte des 19. Jahrhunderts sogar eine eigene handwerkliche Industrie damit beschäftigt war, das Material für die „güldenen Haubm“ herzustellen.
2017
Die UNESCO nimmt die Linzer Goldhaube in das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf.
Dieser Artikel erschien in der Serie "Faszination Heimat" in den OÖNachrichten.
Text: Barbara Rohrhofer, Fotos: Volker Weihbold.
Mehr zu den Schauplätzen dieser Geschichte
Kontakt & Service
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4040 Linz
Telefon+43 732 7277-800
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