Ina Regen:
Muttersprache:
Dialekt.
Innerhalb kürzester Zeit ist Ina Regen von der Background-Sängerin zur gefeierten Solokünstlerin avanciert. Auch ihr zweites Album "rot" war sofort Nummer eins der Albumcharts. Im Interview spricht die Oberösterreicherin über die heimische Kulturszene, die Anziehungskraft der Bühne und Kraftorte am Mondsee.
Der Dialekt ist meine Muttersprache. Meine ersten Worte, Gedanken, Gefühle haben alle im Dialekt begonnen. Alles, was mich ausmacht, habe ich mein Leben lang in der Mundart zum Ausdruck gebracht. Diese Unmittelbarkeit spürt man dann natürlich auch in Musik und Texten. So gesehen wäre Hochdeutsch so etwas wie eine Fremdsprache für mich gewesen. Dieses Ursprüngliche in mir selber ist die große Kraft, die man in meiner Arbeit spürt. Irgendwann hat der Dialekt zu mir gesagt, dass ich keine andere Wahl habe (lacht).
Ich habe eine Erfahrung gemacht, die mittlerweile zu einer Erkenntnis geworden ist: Man kann sich nicht selber anlügen. Man probiert manchmal Versionen von sich aus, die man glaubt sein zu müssen. Aber letztendlich kommt man darauf - und das mit der Zeit immer schneller - dass man mit sich selber ehrlich sein muss. Und damit auch kompromisslos. Das ist auch ein Entwicklungsprozess, der Geduld braucht. Aber ich glaube, man sollte der eigenen Seele immer wieder einmal ins Auge schauen: 'Wer bist du? Wer möchtest du gerne sein? Wie weit sind diese beiden Ideen entfernt?' Mir ist klar: Ich will ich sein. Weil alle anderen gibt’s ja schon…
Das war eine typische Land-Kindheit mit Pofesen, Bauernkrapfen und viel Freiheit. Wenn ich zurück denke, dann denke ich an Natur und an den Bauernhof meiner Großeltern. Wir waren versorgt und behütet, aber nicht konstant betreut. Aber es gab auch einsame Momente und Langeweile. Gerade in dieser Langeweile hat recht schnell die Musik den Platz eingenommen, den sie auch heute hat. Meine Eltern haben mir ihre Werte vermittelt und eine gute Ausbildung ermöglicht und dafür bin ich sehr dankbar.
Das ist eine wertschätzende Verbindung auf jeder Ebene. Wir sind uns leider erst einmal begegnet, mein Eindruck war aber, dass wir einander sehr respektieren. Hubert und ich haben uns erst 1,5 Jahre nachdem unser Cover von "Heast es net" herausgekommen ist, kennengelernt. Da kam Hubert zum Soundcheck von einem meiner Konzerte, weil es ihm ein Anliegen war, mich zu treffen. Wenn das kein musikalischer Ritterschlag ist! Conchita und mir war im Machen des Liedes erst gar nicht so bewusst, dass es für die österreichische Volksseele ein Sakrileg sein könnte, dass die queere Wurst und die "Wer ist sie eigentlich - diese Ina Regen" ein musikalisches Heiligtum angreifen. Aber die Reaktion von Hubert war: "Alles fließt – die Kunst gehört nur sich selbst." So hat hoffentlich auch Österreich seinen Frieden damit gefunden.
Oberösterreich hat eine sehr bunte Kulturszene. Da gehören Chöre und Blasmusik genauso dazu wie die Hochkultur im Linzer Musiktheater. Das Landesmusikschulwerk ist weltweit einmalig. Und das POP BORG in Linz ist eine musikalische Kaderschmiede und hat schon viele Größen hervorgebracht: Parov Stelar, Leyya oder Folkshilfe. In Linz beginnen mittlerweile so viele Karrieren, dass man nur staunen kann. Ich glaube, Oberösterreich ist kulturell viel bunter, als es das von sich weiß. Die Blasmusik weiß nicht wie toll die Punkszene ist und die Musiktheaterszene weiß beispielsweise zu wenig von der Jazz- oder Indieszene. Es wäre schön, wenn die Schubladisierung und die Hierarchien aufhören könnten. Und wenn das alles Oberösterreichisch sein darf.
Ja, wobei ich anfangs zum Studieren an die Bruckneruni noch gependelt bin. In dieser Zeit war das Musiktheater gerade im Entstehen, man wusste, dass es das einmal geben wird. Und heute haben wir das Interview hier. Es ist eine sehr mutige Architektur. Theater und Bühnen generell haben eine ganz besondere Energie und Anziehung für mich. Da fühle ich mich gleich daheim. Mein Wohnzimmer fühlt sich nicht anders an. Auf der Linzer Donaulände war ich oft laufen und spazieren in der Brucknerhausgegend…
Ina Regen im Wordrap
Auf meinem Album "røt" gibt es einen Song der heißt "Wievü". Es handelt von diesen vielen, kleinen kostbaren Momenten, die manchmal einfach so vorbeistreifen und erst im Nachhinein denkt man sich: "Das war der Moment des Sommers" oder "Das ist der Moment, der unsere Freundschaft ausdrückt". Die erste Strophe ist angesiedelt an der Drachenwand am Mondsee. Ich bin dort nämlich sehr gerne, weil auch mein Bruder dort lebt. Generell tanke ich am liebsten dort Kraft, wo ich Menschen um mich habe, die sich wie Familie für mich anfühlen. Ich bin eine Oberösterreicherin, meine Seele ist europäisch und ich lebe in Wien. Aber ich halte mich nicht am Begriff "Heimat" fest und lerne immer wieder neu, was er für mich bedeuten soll.